SHO – JAPANISCHE KALLIGRAPHIEN
Foyersaal
29. August bis 23. November 2003
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Völkerkundemuseum der Universität Zürich
Pelikanstr. 40, 8001 Zürich
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 10 - 13 und 14 - 17 Uhr
Samstag: 14 - 17 Uhr
Sonntag: 11 - 17 Uhr
Eintritt frei
Lebendige Welt in Schwarz-Weiss
„Seit ältesten Zeiten hat sich die Schriftkunst den Menschen der ostasiatischen Länder als lebendiger Kulturbesitz tief eingeprägt. Dies ist der Anstrengung und Sensibilität unzähliger Schreiber und Schriftmeister zu verdanken, die die Schrift nicht nur als Zeichensystem für praktische Zwecke verwendet haben, sondern sie nach ästhetischen Gesichtspunkten ausgestaltet und schliesslich auf ein hohes Niveau emporgehoben haben.
Rund 3500 Jahre, nach letzten Funden vom Januar 1993 vielleicht sogar 4300 Jahre, sind verflossen, seit die ältesten bis heute erhalten gebliebenen chinesischen Schriftzeichen niedergeschrieben wurden; und rund 2000 Jahre sind es her, seit diese Schriftzeichen den Weg bis nach Japan gefunden haben. Es wurden nicht nur alle damals gepflegten Schreibstile aus China übernommen, sondern dank der Erfindung der eigenständigen japanischen Silbenschrift (kana) auch wesentliche Neuentwicklungen eingeleitet.
Bis ins 19. Jahrhundert war die Grenze zwischen dem Alltagsgebrauch der Schrift und der Schriftkunst fliessend. Gegen Ende des Jahrhunderts nahm die praktische Bedeutung der Pinselschrift ab, und die beiden Bereiche unterscheiden sich seither deutlich voneinander. Das Schreiben mit dem Pinsel dient heute entweder pädagogischen Zwecken, indem es den Sinn für die richtigen Proportionen der Zeichen sowie für die gesamte Schriftüberlieferung fördern will, oder es gilt als künstlerische Betätigung, als Schriftkunst.
Das typisch japanische Empfinden für Flächengestaltung und Proportionen, wie wir es in der Architektur, in der Gestaltung von Innenräumen, im Design, ja fast in allen Bereichen des täglichen Lebens wieder finden, spielt auch in der Schriftkunst eine grosse Rolle. Wenn die chinesisch-japanische Schriftkunst auf eine Formel gebracht werden soll, so könnte man davon ausgehen, sie sei eine Kunst der schwarzen Striche und ihrer Verteilung in der weissen Fläche. Sie nimmt zwar vorgegebene Schriftzeichen zum Ausgangspunkt, kann aber letztlich auch als abstrakte Bildgestaltung aufgefasst werden. Sie bietet dem persönlichen Ausdruck fast unbegrenzte Möglichkeiten.“
Suishū Tomoko Klopfenstein-Arii
Shodo als Faszination
„Ein Zeichen in einem einmaligen Akt durchzuziehen, ohne die Möglichkeit einer nachträglichen Korrektur zu haben, stellt ausserordentliche Anforderungen an das Können und das Konzentrationsvermögen. Der ungebrochene Ablauf der Pinselbewegung und die ganze Dynamik des Körpers mit seinem Rhythmus des Atemholens sind im Gleichschritt.
Die komplexe Ästhetik des Shodo zielt weder auf das Regelmässige und Dekorative noch auf das Verschnörkelte als Inbegriff des Schönen. Das Spektrum reicht vielmehr von den genialisch-rauhen, oft wilden und magischen Tuschespuren der Zen-Mönche bis hin zu den raffiniert-zarten Gedichtblättern japanischer Höflinge.
Die Schriftzeichen bewirken viel mehr als nur die Übermittlung von Bedeutung; Kalligraphie ist Seismograph der inneren Welten und Gefühle. Das Faszinierende an der Kalligraphie sind die Vielschichtigkeit und die momentane Stimmung und Spontaneität dieser Kunst, welche die Kräfte des Geistes und des Körpers herausfordern und im Bild sichtbar werden lassen.“
Sanae Sakamoto
Kurzbiographien der beiden japanischen Kalligraphie-Meisterinnen
Suishū Tomoko Klopfenstein-Arii
wurde in Wakayama (Japan) als zweites Kind eines Arztes und Haiku-Dichters (Sensui) sowie einer Meisterin der Teezeremonie (Sōtoku) geboren. Seit dem 7. Altersjahr beschäftigt sie sich mit dem Studium der Pinsel-Schriftkunst unter den bekannten Schriftmeistern TANIGUCHI Soseki, FUJITA Reisen, TOYODA Fumi und TAKAZAWA Nansō. Sie besitzt das Meister-Diplom für chinesisch-japanische Schriftkunst. Seit einigen Jahren erkundet sie mit der Pinselschrift-Technik neue gestalterische Möglichkeiten. Ihren Studienabschluss machte sie an der Dōshisha-Universität in Kyōto. Suishū Tomoko Klopfenstein-Arii ist seit 1976 Lehrbeauftragte am Ostasiatischen Seminar der Universität Zürich. Für ihre Arbeiten erhielt sie verschiedene Auszeichnungen.
Sanae Sakamoto
wurde in Tokyo (Japan) geboren und erhielt bereits als Kind Kalligraphieunterricht bei ihrer Grossmutter, Hana Sakamoto, einer berühmten Meisterin. Sanae Sakamoto schloss mit einem Lehrerinnendiplom an der Atomi-Women's Fachuniversität ab. Seit 1971 lebt und arbeitet sie in der Schweiz.
Beide Kalligraphie-Meisterinnen konnten in zahlreichen Ausstellungen auf ihre Werke aufmerksam machen. Ausserdem verfügen beide Künstlerinnen über eine umfang-reiche Publikationsliste.
Weitere interessante Aktivitäten
Im Laufe dieses Jahres sind im Völkerkundemuseum der Universität im Rahmen der Kalligraphie-Ausstellung weitere Veranstaltungen geplant:
Vortrag von Suishū Tomoko Klopfenstein-Arii:
Sonntag, 19. Oktober 2003, 11.15 Uhr
«Die Welt der Stille» und Kalligraphie-Demonstration (mit Schülerinnen und Schülern).
Führungen:
Sonntag, 14. September 2003, 15 Uhr, durchgeführt von Richard Müller
Sonntag, 12. Oktober 2003, 15 Uhr, durchgeführt von Sue-Ling-Huber-Gremli
Mittwoch, 5. November 18.15 Uhr, durchgeführt von Francisco Osorio.
Performance:
«Tuschespuren und meditative Klänge» am 6. September (Lange Nacht der Museen) um 20 Uhr mit Sanae-Sakamoto und René Schlittler
Führungen:
Frau Sakamoto stellt ihr Werk vor am Sonntag, 28. September, Sonntag, 26. Oktober und Sonntag, 23. November, jeweils um 12 Uhr.
Für Gruppentermin: nach Vereinbarung mit Frau Sakamoto, Tel. 033 821 14 88