Iintsimbi – Perlenarbeiten aus Südafrika
Dauer der Ausstellung: 25. September 2004 bis 29. Mai 2005
Vernissage: Freitag, 24. September 2004, 18 Uhr
Zur Ausstellung erscheint das Katalogbuch «Iintsimbi – Perlenarbeiten aus Südafrika»
Klappenbroschur, 128 Seiten, 60 farbige und 20 Schwarzweiss-Abbildungen, 36 Franken.
Pressetext kurz
Das Völkerkundemuseum der Universität Zürich verfügt über eine wichtige Sammlung südafrikanischer Glasperlenarbeiten. Das Museum erwarb sie 1978 von der Südafrikanerin Margaret Holdsworth, die die Stücke mit Liebe und Engagement während langer Jahre bis 1970 zusammengetragen hat.
In der Ausstellung wird die Sammlung zum ersten Mal öffentlich gezeigt und durch einige Leihgaben und Stücke aus den früheren Beständen des Völkerkundemuseums ergänzt. Die Ausstellung will auf die Schönheit und künstlerische Bedeutung der Perlenarbeiten hinweisen. Diese nahmen mit ihrer farbenprächtig geometrisch-abstrakten Bildsprache in den Kulturen der bantusprachigen Völker Südafrikas den gleichen Stellenwert ein, der in anderen afrikanischen Kulturen den Werken der figuralen Schnitzkunst zukam.
Die Anfänge der südafrikanischen Glasperlenkunst – eine ausschliesslich von Frauen praktizierte Kunst – datieren bis ins ausgehende 18. Jahrhundert und noch weiter zurück; die Stücke der Holdsworth-Sammlung stammen mehrheitlich aus den 1950er- und 1960er-Jahren. Obwohl die Perlenkunst in ihrer klassischen Form seit längerer Zeit immer weniger Platz einnimmt, erfährt sie heute im Rahmen der Folklore und von Selbsthilfeprojekten im Kampf gegen Aids sowie in gewissen Freikirchen und in der Kultur- und Tourismusindustrie eine eigenwillige Fortsetzung. Der im Titel der Ausstellung verwendete Xhosa-Ausdruck «iintsimbi» ist die Kurzform von «iintsimbi zesiXhosa» und bedeutet Perlen.
Die Ausstellung ist Teil des Kulturprogramms «10 Jahre Demokratie in Südafrika», das in der Schweiz von der südafrikanischen Botschaft in Bern und der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia zusammengestellt wurde.
Pressetext lang
Das Völkerkundemuseum der Universität Zürich verfügt über eine wichtige Sammlung südafrikanischer Glasperlenarbeiten. Das Museum erwarb sie 1978 von der Südafrikanerin Margaret Holdsworth, die die Stücke mit Liebe und Engagement während langer Jahre bis 1970 zusammengetragen hat. In der Ausstellung wird die Sammlung zum ersten Mal öffentlich gezeigt und durch einige Leihgaben und Stücke aus den früheren Beständen des Völkerkundemuseums ergänzt.
Die Ausstellung will auf die Schönheit und künstlerische Bedeutung der Perlenarbeiten hinweisen. Diese nahmen mit ihrer farbenprächtig geometrisch-abstrakten Bildsprache in den Kulturen der bantusprachigen Völker Südafrikas den gleichen Stellenwert ein, der in anderen traditionellen afrikanischen Kulturen den Werken der figuralen Schnitzkunst zukam.
Das für die südafrikanischen Perlenarbeiten charakteristische Spiel der Farben und geometrisch-abstrakten Muster entwickelte sich im grossen Stil seit den Dreissigerjahren des 19. Jahrhunderts. Einhergehend mit der immer wichtiger werdenden Rolle, die die Perlen seither im sozialen, kulturellen, rituellen und politischen Leben übernahmen, bildete sich eine differenzierte Ästhetik heraus. Die Farben und Formen wurden zu Zeichen und erhielten allmählich eine ähnliche Funktion wie das Vokabular einer Sprache. Das genaue Verstehen ihres Sinns bleibt jedoch letztlich mangels einschlägiger Überlieferung Eingeweihten vorbehalten.
Perlen standen in einer engen Verbindung zur Person, die sie trug. Je nach Alter verfügte man über eine unterschiedliche Garderobe. Am Gewand und am Perlenschmuck waren neben dem Alter das Geschlecht und der Zivilstand einer Person sowie ihr sozialer Status, im Fall der Wahrsagerinnen und Wahrsager auch ihr Berufsstand zu erkennen. Perlenschmuck war aber auch Selbstausdruck. Trotz der Vorgaben, die beim Herstellen einer Perlenarbeit zu befolgen waren, war es immer auch möglich, individuelle Akzente zu setzen. Abweichungen vom Stilkanon waren gestattet, solange dieser erkennbar blieb.
Perlen liessen ausserdem die Zugehörigkeit des Einzelnen zu grösseren Sozialverbänden wie Clans und Clangruppen erkennen. Allerdings stimmten die auf unterschiedlichen Farbpaletten und Kompositionsmustern beruhenden Perlenstile kaum je mit ethnischen Grenzen überein. Um nicht den Eindruck ethnisch kodierter Perlenstile zu erwecken, sind die Arbeiten in der Ausstellung deshalb nicht nach Herkunfts-, sondern nach Sachkriterien gruppiert. Diese Einteilung hat auch den Vorteil, dass Stücke gleicher Art – Halsketten und Halsbänder, Schürzen, Broschen, Arm- und Beinschmuck, Tabaksbeutel und -pfeifen – leichter miteinander verglichen werden können.
Die Anfänge der südafrikanischen Glasperlenkunst – eine ausschliesslich von Frauen praktizierte Kunst – datieren bis ins ausgehende 18. Jahrhundert und noch weiter zurück. Im 20. Jahrhundert kam seitens der städtischen, westlich orientierten jungen Generation Widerstand gegen das Tragen von Perlen auf. Die mit der patriarchalen ländlichen Bevölkerung verbundene Tradition verkörperte für sie Rückständigkeit. Wer Perlen trug, machte sich lächerlich. Erst mit dem wachsenden Widerstand gegen die Kolonialmächte in ganz Afrika seit den späten 1940er-Jahren und dem Aufkommen nationalistischer Bewegungen wurde der Perlenschmuck wieder in ein positives Licht gerückt. Das Tragen von Perlen wurde nun ganz allgemein als typisch afrikanisch erachtet und mit einem von Rassismus und Unterdrückung freien, vorkolonialen Afrika in Verbindung gebracht.
Die Stücke der Holdsworth-Sammlung stammen mehrheitlich aus den 1950er- und 1960er-Jahren. Obwohl die Perlenkunst in ihrer klassischen Form seit längerer Zeit immer weniger Platz einnimmt, erfährt sie heute im Rahmen der Folklore und von Selbsthilfeprojekten im Kampf gegen Aids sowie in der Kultur- und Tourismusindustrie eine eigenwillige Fortsetzung. Erstaunlicherweise setzen sich vor allem freie christliche Kirchen für die Erhaltung der einst von den Missionaren als heidnisch verschrienen Perlenkunst ein. In der von dem Zulu-Propheten Isaiah Shembe 1911 gegründeten Kirche «Ibandla Lamanazaretha» oder «Nazareth Baptist Church» beruht die Integration der Gläubigen auf dem Tragen genau vorgeschriebener Perlen. Bestimmte kirchliche Tänze werden in Uniformen vorgeführt, die auf traditionelle Zulu-Perlengewänder zurückgehen. Es ist ein eigener, unverwechselbarer Perlenstil entstanden, der das Motiv des Kreuzes zum Grundthema hat.
Der im Titel der Ausstellung verwendete Xhosa-Ausdruck «iintsimbi» ist die Kurzform von «iintsimbi zesiXhosa» und bedeutet Perlen.