afrique noire
Im Rahmen der Ausstellung "afrique noire - Fotografien von Didier Ruef"
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Vortragsreihe: Repräsentationen Afrikas / Filme aus Westafrika
Häufig spricht man generalisierend von ‚Afrika’, wenn man ein
einzelnes Land dieses riesigen Kontinentes meint. Wie vielfältig
und unterschiedlich Afrika und seine Länder aber sind, soll in
der Ausstellung afrique noire von Didier Ruef, der Vortragsreihe
und einem kleinen Filmprogramm zum Ausdruck kommen.
Ergänzend zum geographischen Schwerpunkt der Foto-Ausstellung (mehrheitlich Ostafrika), behandeln die Vorträge Themen, die ein breites Spektrum von afrikabezogenen Fragestellungen abdecken. In weiten Kreisen Europas wird Afrika noch immer als Kontinent ohne Geschichte sowie vorwiegend als Schauplatz tribaler Kriege und entwicklungshemmenden Aberglaubens gesehen. Die Vortragsreihe wird diese Vorstellungen von Afrika hinterfragen und alternative Perspektiven aufzeigen. Die Filme wiederum erweitern unser Bild von Afrika auf ihre Weise. Sie stammen aus Westafrika – der Wiege des afrikanischen Films.
Organisation der Vortragsreihe:
Dr. Michaela Pelican und Dr. Gerhard Anders, Ethnologisches
Seminar der Universität Zürich
Alle Veranstaltungen (ausser dem Vortrag vom 21. Juni) finden
im Hörsaal des Völkerkundemuseums statt.
Für die Mitarbeit bei der Zusammenstellung der Filme bedanken wir uns bei Catherine Silberschmidt, Zürich.
Führung und Diskussion:
Dienstag, 8. Mai 2007, 19 Uhr
Führung mit dem Fotografen Didier Ruef durch seine Ausstellung und anschliessend Gespräch mit den Veranstaltern der Vortragsreihe über die Repräsentation von Afrika in seinen Bildern.
Film: TGV
Mittwoch, 9. Mai 2007, 19 Uhr
Moussa Touré, Senegal 1998, 90 Min., Originalversion mit deutschen Untertiteln.
Schneller als der TGV’ lautet das Motto des Busfahrers Rambo. Doch der bunte
Expressbus kommt auf seiner Fahrt nach Guinea nur langsam voran. Rambo und
sein Assistent Demba nehmen nur wenige Passagiere an Bord. Mit von der Partie
sind ein in Ungnade gefallener
Minister und seine Frau,
ein Marabout (Wahrsager),
ein fundamentalistischer
Muslim, ein Drogenhändler
und ein französisches Ethnologenpaar.
Ein ironischer
Querschnitt der westafrikanischen
Gesellschaft also. Die
Fahrt ist alles andere als
langweilig… Preisgekröntes afrikanisches
Roadmovie aus Senegal.
Film: Kindervorstellung KIRIKU
Sonntag, 13. Mai 2007, 14 Uhr
Michel Ocelot, Frankreich 1998, 74 Min., deutsch.
Basierend auf einem afrikanischen Märchen, erzählt der Film die Geschichte des kleinen Kiriku. Der Knabe muss sein Heimatdorf von Karaba befreien, der bösen Zauberin, die dem Dorf die Männer stiehlt und die einzige Wasserquelle hat versiegen lassen. Kiriku bringt das Wasser wieder zum Fliessen, und sein Grossvater, der weise Mann vom verbotenen Berg, hilft ihm, das Geheimnis von Karabas Bosheit zu lösen.
Vortrag: Spiegelungen – westliche Blicke auf die afrikanische Kunst
Dienstag, 15. Mai 2007, 19 Uhr
Prof. Dr. Till Förster, Universität Basel
Die Künste Afrikas waren immer wieder Projektionsfläche für die Vorstellungen, die sich der Westen von der Kunst anderer Menschen und ihrer Gesellschaften machte. Sollten sie einst in den „unwandelbaren Traditionen und Religionen“ von urzeitlichen Völkern aufgehen, so waren sie später selbstverständlicher Teil der einen und universalen Weltkunst. Die Auseinandersetzung des Westens und seiner Moderne mit den Künsten Afrikas erscheint wie eine lange Kette von Missverständnissen. Doch die Verlagerung eigener Wünsche und Vorstellungen auf das Andere war kein Privileg des Westens. Auch die afrikanische Seite hat sich, bewusst oder nicht, daran beteiligt. Was afrikanische Kunst heute ist, wurde gleichsam von vielen über die Kontinente verstreuten Akteuren geschaffen.
Film: YAABA
Mittwoch, 16. Mai 2007, 19 Uhr
Idrissa Ouedraogo, Burkina Faso 1989, 90 Min.,
Originalversion mit französischen
Untertiteln.
‚Yaaba’ bedeutet Grossmutter. Hintergrund der so überschriebenen Geschichte ist die als Hexe ausgestossene ‚Yaaba’, wie sie zärtlich von Bila, einem zwölfjährigen Jungen, genannt wird. In ruhigen Bildern erzählt der Film von der liebevollen Beziehung dieser zwei unterschiedlichen Menschen und nebenbei auch vom dörflichen Leben in Afrika: Streitigkeiten von Eheleuten, der Umgang im Dorf mit dem Säufer, alltägliche Szenen beim Wasserholen. Gleichnishaft plädiert der Film für mehr Toleranz und eine offene Weltsicht. Auch für Kinder geeignet. Die hervorragende Kamera führte der Schweizer Matthias Kälin.
Film: HISTOIRES DE PETITES GENS
Mittwoch, 23. Mai 2007, 19 Uhr
Djibril Diop Mambety, Senegal 1994, 88 Min., Originalversion mit engl. Untertiteln.
Zwei Klassiker des afrikanischen Films!
LA PETITE VENDEUSE DE SOLEIL (46Min.) Die zwölfjährige Sili, die sich nur mit Hilfe von Krücken fortbewegen kann, wird von einigen Zeitungsjungs gewaltsam zu Boden geworfen. Sie hat es gewagt, an deren Ecke zu betteln. Gedemütigt, aber entschlossen rafft sich Sili auf: Ab morgen will auch sie den ‚Soleil’ verkaufen. Tapfer reiht sie sich in die Warteschlange vor den Pforten der Redaktion. Doch die Welt der Zeitungsverkäufer ist erbarmungslos…
LE FRANC (42 Min.) Marigo ist Musiker, aber sein Instrument wurde von der Vermieterin konfisziert. Wieder einmal ist er mit der Miete im Rückstand. Trotzdem ist Marigo nicht unglücklich, denn er besitzt ja ein Lotterie-Los. Aus Sicherheitsgründen wird dieses auf die Haustür geklebt. Und Marigo gewinnt den ersten Preis! Schon sieht er sich mit eigenem Orchester, einem eigenen Jet. Es gibt nur noch ein kleines Problem: Das Los will nicht mehr von der Türe kommen!
Vortrag: Ikonen des Widerstandes: Apartheid, Photographie, Erinnerung
Donnerstag, 24. Mai 2007, 19 Uhr
Dr. Thomas G. Kirsch, Institut für Ethnologie,
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland
Als am 16. Juni 1976 etwa 15000 Schüler in Soweto bei Johannesburg (Südafrika)
gegen das Apartheidsregime demonstrierten, ging kurz darauf eine Photographie
durch die Welt – die Photographie des 13-jährigen Schülers Hektor Peterson, der,
von einer Kugel der Polizei getroffen, sterbend in den Armen eines Mitschülers
liegt. Der Vortrag vollzieht die Geschichte dieser Photographie nach und zeigt,
wie das Bild zuerst zu einer Ikone des Widerstandes gegen die Apartheid und später
zum Gegenstand von Konflikten geworden ist, die sich um die Fragen drehen,
wer legitimiert ist, die südafrikanische Geschichte zu repräsentieren, wie diese
Geschichte vermittelt werden kann und schliesslich: wem das Copyright auf die
ikonische Photographie des sterbenden Hektor Peterson zusteht – dem südafrikanischen
Volk oder dem Photographen. Im Zentrum des Vortrags steht also die
Politisierungen von visuellen Repräsentationen von Geschichte im gegenwärtigen
Südafrika.
Film: OUAGA SAGA
Mittwoch, 30. Mai 2007, 19 Uhr
Dani Kouyaté, Burkina Faso 2005, 85 Min., französisch mit deutschen Untertiteln.
Die staubigen Strassen Ouagadougous sind voller Leben: Frauen mit riesigen
Früchtekörben, Männer auf mit Hühnern
beladenen Mopeds kurven durch die
Stadt, und an einem CD-Stand tanzt und
flirtet eine Gruppe Jugendlicher – die
Protagonisten des Films. Ihre Zukunftsperspektiven
sind alles andere als rosig,
doch jeder hegt seinen Traum von einer
Fussballkarriere, vom Kino oder der Musik.
Meistens aber lungert die Clique in den
Strassen herum. Doch dann bringt der
Diebstahl eines Motorrads die entscheidende
Wende…
Vortrag: Semiotik und politische Ökonomie des Saharatourismus
Donnerstag, 31. Mai 2007, 19 Uhr
Prof. Dr. Georg Klute, Universität Bayreuth, Deutschland
Der Vortrag befasst sich mit dem Tourismus in die Sahara, der von zwei
Merkmalen gekennzeichnet ist: er ist deutlich von politischen Umständen
bestimmt, und es handelt sich um einen exklusiven, relativ teuren Tourismus, der
nur eine kleine Anzahl von Menschen betrifft. Im Mittelpunkt der Darstellungen
stehen die Begegnungen zwischen saharanischen Gastgebern, den Tuareg und
ihren touristischen Gästen aus dem Westen. Es wird argumentiert, dass die Art
der Begegnungen zwischen Gastgebern und Gästen von den gegenseitigen
Bildern bestimmt ist. Die touristischen Begegnungen scheinen nicht nur einen
Neo-Traditionalismus der Tuareg zu befördern, sie tragen offensichtlich auch zu
einer ökonomischen Differenzierung der Gesellschaft bei, in der sich eine neue
Elite, orientiert am Ideal des vorkolonialen Adels, deutlich von den übrigen
Mitgliedern der Gesellschaft abhebt. Diese politisch-ökonomische Elite schöpft
ihre Gewinne aus Transitdiensten und Transitabgaben für Migranten, Touristen
und Güter im inner- und transsaharanischen Handel.
Vortrag: Rwanda’s gacaca: experimenting with truth, justice and reconciliation
Dienstag, 5. Juni 2007, 19 Uhr
Prof. Dr. Barbara Oomen,
Utrecht University College/Roosevelt Academy,
Niederlande
The image of Rwanda will undoubtedly, for the years to come, be associated with the tragic genocide of 1994. In this wake of this genocide, however, the small African country is engaged in a wholly novel judicial experiment. With their basis in the traditional justice system, the gacaca held on each of Rwanda’s thousand hills seek to deal with the legacy of an estimated one million dead, and nearly as many killers. Here, illiterate village judges hear genocide cases in front of the whole community and neighbours judge their neighbours and family members as they grapple with issues of truth, justice and reconciliation. The potential is great: a truly legitimate local system in which the truth is established, justice meted out and reconciliation attained. But so are the dangers: of intimidation, political decision-making, further division and lack of fair process. During this lecture Barbara Oomen discusses the advantages and the disadvantages of this unique African experiment.
Film: CLANDO
Mittwoch, 6. Juni 2007, 19 Uhr
Jean-Marie Teno, Kamerun/D 1996, französisch mit deutschen Untertiteln
In seinem Spielfilmdebüt erzählt Teno die Geschichte eines illegalen Taxifahrers, der nach politischen Repressalien in seinem Heimatland Kamerun die Möglichkeit hat, nach Deutschland zu reisen. Hier lernt er die politische Aktivistin Irene kennen und lieben. Doch die traumatischen Erinnerungen an Folter und Gefängnis lassen ihm auch in Deutschland keine Ruhe. Bestärkt durch Irenes Zuspruch macht er sich auf die Rückreise in seine Heimat, um zu versuchen, die Dinge vor Ort zu ändern und der allgemeinen Resignation seiner Landsleute etwas entgegenzusetzen.
Urauführung in der Schweiz.
Vortrag: Afrika als “Kontinent ohne Geschichte”
– Zur
Wirkungsgeschichte eines Vorurteils
Dienstag, 12. Juni 2007, 19 Uhr
Prof. Dr. Andreas Eckert, Universität Hamburg, Deutschland
Im November 1963, die meisten afrikanischen Kolonien war seit kurzem unabhängig, sendete das britische Fernsehen einen Vortrag zum Thema „Der Aufstieg des christlichen Europa“. Autor war Sir Hugh Trevor-Roper, Königlicher Professor für Neuere Geschichte in Oxford, der seine Darlegungen mit der denkwürdigen Bemerkung würzte, in der afrikanischen Geschichte könne er nicht mehr als das „Kreisen barbarischer Stämme in pittoresken, aber irrelevanten Weltgegenden“ erkennen. Berufen konnte er sich u. a. auf den grossen deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der in seinen berühmten, zu Beginn des 19. Jahrhunderts publizierten „Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte“ Afrika kurzerhand aus der Weltgeschichte verbannt hatte. „Was wir eigentlich unter Afrika verstehen“, so Hegel, „ist das Geschichtslose und Unaufgeschlossene, das noch ganz im natürlichen Geiste befangen ist.“ Hegel und Trevor-Roper sind nur zwei Beispiele für die Vorstellung von Afrika als Kontinent ohne Geschichte. In diesem Vortrag soll die lange Geschichte dieses Vorurteils, die bis in unsere Gegenwart reicht, in ihren vielen Facetten nachgezeichnet werden.
Film: Vorführung mit Diskussion DARWIN’S NIGHTMARE
Mittwoch, 13. Juni 2007, 19 Uhr
Hubert Sauper, Österreich 2004, 107 Min., englisch mit deutschen Untertiteln.
Im afrikanischen Viktoriasee – dem eigentlichen Protagonisten des Filmes – spiegelt sich der Irrwitz der Globalisierung wider. Lottrige russische Frachtflugzeuge exportieren Tonnen des gefragten Nilbarsches in den Westen und bringen Waffen zurück. Sie versorgen damit diverse Kriegsherde – ein florierender Handel.‚Darwin’s Nightmare’ ist Dokument, Reportage und Anklage zugleich. Doch visuell bezieht sich der Film auf eine Darstellung Afrikas, die auf Joseph Konrads Klassiker The Heart of Darkness (Das Herz der Dunkelheit) zurückgeht, und zementiert damit das Bild von Afrika als ‚dunklem’ und ‚verlorenem’ Kontinent.
Anschliessend an den Film gibt es eine Diskussion mit der deutschen Journalistin der TAZ Cristina Nord über die Darstellung Afrikas in den Medien und im Film.
Film: EN ATTENDANT LE BONHEUR
Mittwoch, 20. Juni 2007, 19 Uhr
A. Sissako, Mauretanien 2002, 95 Min., Originalversion mit deutschen Untertiteln.
‚Heremakono’, so der mauretanische Titel, erzählt – zwischen Fernweh und Sehnsucht nach der Heimat schwebend – vom Verhängen in der Zeit. Ort der Handlung ist eine atlantische Kleinstadt am Rande der Westsahara. Eines Tages spuckt ein vorbeifahrendes Taxi einen jungen Mann aus: Abdallah ist gekommen, um kurz vor seiner Abreise nach Europa, noch ein paar Tage mit seiner Mutter zu verbringen. Er ist fremd, spricht die Sprache nicht mehr und zeigt kaum Interesse am‚rückständigen’ Leben. Erzählerisch verwoben mit der Geschichte Adallahs, sind die Schicksale von Nana, die einst ihr Herz einem Europäer verschenkte und dasjenige des weisen ‚Elektrikers’ und seines kleinen Lehrlings Khatra. Ein filmisches Meisterwerk, das trotz seiner Langsamkeit, keine Sekunde langweilig wird. Der erste Film aus Mauretanien seit über 20 Jahren.
Vortrag: Nations with/out Borders:
Neoliberalism and the Problem of
Belonging in Africa, and Beyond.
Donnerstag, 21. Juni 2007, 18.15 Uhr,
im Hauptgebäude der Universität Zürich-Zentrum, Hörsaal F 180
Prof. Dr. Jean und John Comaroff, University of Chicago, USA
Vortrag im Rahmen der interdisziplinären Veranstaltungsreihe “Border Crossings.
Grenzverschiebungen und Grenzüberschreitungen in einer globalisierten Welt”.