Beduinen im Negev
Vom Zelt ins Haus
Eine Ausstellung
im Völkerkundemuseum der Universität Zürich
16. September 1998 bis 11. Juli 1999
Kurzer Text:
Über die Beduinen im Negev, eine mehr als 110'000 Menschen zählende arabische
Minderheit im Staate Israel, dringt kaum etwas an die Weltöffentlichkeit. Die
ursprünglich als Vollnomaden lebenden Viehzüchter wurden bereits Ende des letzten
Jahrhunderts von den Osmanen (1516-1917) und später von den britischen Behörden
(1917-1948) zu einer halbnomadischen Lebensweise gezwungen und nach der Gründung des
Staates Israel 1948 in staatlichen Siedlungen zur Sesshaftigkeit gedrängt. Dieser
konsequente Ansiedlungs- und Modernisierungsprozess hat Kultur und Gesellschaft der
Beduinen entscheidend verändert.
Die Ausstellung dokumentiert diesen Wandel auf zwei Stockwerken. Neben den Wohnformen
stellt sie das arbeitsame Leben der Frauen und die Bedeutung von Gastfreundschaft sowie
von Musik und Dichtung für die Kultur der Beduinen dar. Sie illustriert die Bereiche
Viehzucht und Ackerbau, stellt die farbenprächtig bestickten Kleider der Frauen vor und
zeigt die magische Bedeutung des Schmucks. Zur Ausstellung ist der gleichnamige, reich
illustrierte Bild- und Textband im Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich erschienen.
Publikation und Ausstellung entstanden in enger Zusammenarbeit mit zwei Negev-Beduinen,
mit Kher Albaz, Direktor des Sozialdienstes für Beduinen, und seiner Mutter Kamlah Albaz,
die beide in der Beduinensiedlung Tel Sheva leben.
Langer Text:
Über die Beduinen im Negev, eine mehr als 110'000 Menschen zählende arabische
Minderheit im Staate Israel, dringt kaum etwas an die Weltöffentlichkeit. Die
ursprünglich als Vollnomaden lebenden Viehzüchter wurden bereits Ende des letzten
Jahrhunderts von den Osmanen (1516-1917) und später von den britischen Behörden
(1917-1948) zu einer halbnomadischen Lebensweise gezwungen und nach der Gründung des
Staates Israel 1948 in staatlichen Siedlungen zur Sesshaftigkeit gedrängt. Dieser
konsequente Ansiedlungs- und Modernisierungsprozess hat Kultur und Gesellschaft der
Beduinen entscheidend verändert.
Die Ausstellung dokumentiert diesen Wandel auf zwei Stockwerken. Sie entstand in enger
Zusammenarbeit mit zwei Negev-Beduinen, mit Kher Albaz, Direktor des Sozialdienstes für
Beduinen, und seiner Mutter Kamlah Albaz, die beide in der Beduinensiedlung Tel Sheva
leben.
Im ersten Stockwerk wird das Thema «Vom Zelt ins Haus» mit einem vollständig
eingerichteten Ziegenhaarzelt und mit Grossfotos einer sogenannt illegalen
Beduinensiedlung und einer staatlichen Siedlung dargestellt. Ebenso wird das arbeitsame
Leben der Zeltfrau und ihre Fertigkeit als Weberin mit farbenprächtigen, handgewebten
Textilien illustriert sowie die Kaffeezeremonie und ihre Bedeutung für die
Gastfreundschaft. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Projekte für Frauen, die in den
staatlichen Siedlungen initiiert worden sind.
Die Ausstellung «Vom Zelt ins Haus» ist aber nicht nur den Wohnformen gewidmet,
sondern der Titel soll als Metapher für den Wandel im umfassenden Sinn verstanden werden.
Im zweiten Stockwerk finden sich die Bereiche Viehzucht und Ackerbau, die heute wesentlich
an Bedeutung verloren haben. Traditioneller Kamelschmuck wird an zwei Kamelattrappen
vorgestellt, und eine Szenerie illustriert das ehemals einfache Leben der Hirten. Eine
weitere Installation stellt den Markt von Beersheba dar, der früher als Beduinenmarkt von
Bedeutung war, heute aber von Russinnen dominiert wird.
Weitere Bereiche sind die prachtvoll bestickten Kleider der Frauen und die Kleidung der
Männer, der kulturelle Stellenwert von Dichtung und Poesie sowie die magische Bedeutung
des Schmucks.
Die Sammlung
Das Völkerkundemuseum besitzt eine reiche Sammlung an Objekten der Negev-Beduinen. Der
Grundstock der Sammlung, 316 Objekte, wurde von der heute in Berlin lebenden Fotografin
Sonia Gidal zusammengetragen. Die Sammlerin wanderte 1938 nach Palästina aus und
beschäftigte sich bis in die 1980er Jahre hinein immer wieder mit den Beduinen im Negev.
Weitere 147 Objekte wurden durch die in Amman lebende Palästinenserin Widad Kawar
gesammelt. Sie erwarb diese Objekte von Negev-Beduinen, die nach der Gründung des Staates
Israel nach Jordanien geflüchtet waren. 28 weitere Objekte stammen von Izhak Al-Hroub,
einem palästinensischen Lehrer, der ursprünglich im Nord-Negev beheimatet war und dessen
Familie nach 1948 ins Westjordanland floh. Diese Sammlung wurde von Elisabeth Biasio,
wissenschaftlicher Mitarbeiterin am Völkerkundemuseum, in vierjähriger Forschungsarbeit
mit Feldaufenthalt im Negev dokumentiert.
Die Publikation
Zur Ausstellung erscheint ein reich illustrierter Text- und Bildband (336 Seiten mit
139 Farb- und 226 Schwarzweiss-Abbildungen), der vom Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich
publiziert wird. Die Ausführungen der Hauptautorin Elisabeth Biasio werden ergänzt u. a.
durch Beiträge von zwei Beduinen, einer jüdischen Israelin und einer in Jordanien
lebenden Palästinenserin. Ein Besprechungsexemplar kann angefordert werden.
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Last update: 29.11.2002
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