Robert Powell
Zeichnungen aus dem Himalaya. Himalayan Drawings
1. Stock
13. Juli 2001 bis 3. März 2002
Vernissage: 12. Juli 2001, 18 Uhr
Hochauflösende Tiff-Bilder erhalten Sie durch Anklicken des
entsprechenden Bildes nebenan.
(Auf Ihren Wunsch hin können wir Ihnen auch eine CD-Rom mit noch höher
aufgelösten Bildern schicken.)
Zur Ausstellung erscheint die Publikation:
Robert
Powell. Himalayan Drawings mit
Beiträgen von Michael Oppitz, Charles Ramble, Annegret Nippa, Peter
Herbstreuth, Götz Hagmüller, Niels Gutschow, Clare Harris, Heather
Stoddard (Völkerkundemuseum der Universität Zürich 2001, Englisch,
304 Seiten, 283 Abbildungen in Farbe und 59 Abb. s/w, sFr. 78.-).
Völkerkundemuseum der Universität Zürich
Pelikanstr. 40, 8001 Zürich
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 10 - 13 und 14 - 17 Uhr
Samstag: 14 - 17 Uhr
Sonntag: 11 - 17 Uhr
Eintritt frei
Pressetext kurz
Zeichnungen
aus dem Himalaya bietet einen repräsentativen Querschnitt durch das künstlerische
Schaffen des australischen Malers Robert Powell. Sie umfasst Aquarelle,
Bleistift- und Federzeichnungen, die in den vergangenen 25 Jahren an
verschiedenen Orten des Himalaya entstanden sind: in Ladakh, in Chitral
und Swat, im Kathmandu-Tal, im Dhaulagiri-Gebiet, in Mustang und im Norden
von Yunnan. Es sind dokumentarische Zeichnungen von höchstem ästhetischen
Reiz; sie geben Zeugnis von der Vielfalt materieller Objekte, von
Architektur und Kunsthandwerk unterschiedlicher himalayischer
Lokalkulturen.
Pressetext mittel
Der
australische Maler Robert Powell hat fünfundzwanzig Jahre im Himalaya
gelebt und gearbeitet – in Indien, in Pakistan, in China und vor allem
in Nepal. In dieser Zeit ist ein umfangreiches Oeuvre entstanden, das
Zeugnis ablegt von einer grossen Breite behandelter Themen und
dokumentierter Kulturen. In Indien hat er sich der Hochgebirgsregion
Ladakh im Bundesstaat Kaschmir mit Architektur- und Landschaftsbildern
verschrieben, zu einem Zeitpunkt, als dieser Landstrich erstmals für
westliche Besucher zugänglich gemacht wurde (1975). In den nordwestlichen
Grenzprovinzen von Pakistan hat er bei den Kalash nahe der afghanischen
Grenze als zeichnender Zeuge einer kleinen vorislamischen Gesellschaft
gearbeitet; im benachbarten Swat hat er die Transformationen einer alten
Schnitzkunst unter muslemischem Einfluss verfolgt (1979-80). In Nepal hat
er in einem Zeitraum von über zwanzig Jahren (1980-2000) die künstlerische Erbschaft der Newar im Kathmandu-Tal
mit seinen Bildern begleitet. In weiter abgelegenen Bergregionen dieses
Landes hat er die materialisierte Kultur der Magar zeichnerisch
festgehalten (1988), eine vom Schamanimus geprägte Gesellschaft im
Schatten des Dhaulagiri-Massifs, sowie die farbenprächtige und
monumentale Architektur im alten Königreich Mustang, jenseits des
Annapurna-Massifs (1992-2000). Und in jüngster Zeit hat er sich daran
gemacht, auch die östlichsten Varianten der grossen Himalaya-Tradition
bildnerisch zu dokumentieren (2000-2001) – die kulturellen Ausprägungen
im sino-tibetischen Grenzland von Yunnan und Sichuan in China.
Dieses Oeuvre, das man mit
seinen zahlreichen Aquarellen, Feder- und Bleistiftarbeiten als ein
zeichnerisches Werk von hohem dokumentarischem Wert und artistischer Könnerschaft charakterisieren kann, wird nun weltweit zum ersten
Mal in einer Retrospektive vorgestellt. Die Präsentation ist für Europa
ohnehin eine Premiere. Um dieses Ereignis zu würdigen, wurde ein
umfangreicher Katalog mit über zweihundert Abbildungen und einer Anzahl
fachkundiger Beiträge zusammengestellt. In dieser auf Englisch unter dem
Titel: Robert Powell – Himalayan
Drawings erscheinenden Veröffentlichung werden Aufsätze von
namhaften Fachleuten auf den Gebieten der asiatischen Kunstgeschichte, der Architekturgeschichte, der
Ethnologie, tibetischer, islamischer, indischer und nepalesischer Studien
und allgemein der himalayischen Kulturgeschichte versammelt. Diese Beiträge
suchen einerseits für die Bilder von Robert Powell einen
kulturwissenschaftlichen Hintergrund zu liefern; zugleich unterziehen sie
das Werk und seinen Künstler einer Prüfung: wie er sich vor der Leinwand
der westlichen Gegenwartskunst als Zeichner einer Architektur ohne
Architekten, als ethnographischer Illustrator, als imaginativer
Dokumentarist und als ein Visionär des Realen behaupten kann.
Press
release in English
The Australian
painter Robert Powell has lived and worked more than twenty-five years in
the Himalayas – mostly in Nepal, but also in India, Pakistan and China.
His watercolours, ink and pencil drawings cover a wide range of subjects
and local traditions. In India he has documented the architecture and
landscape of Ladakh in the first years of this region’s opening to
visitors from the West. In the North West Frontier Provinces of Pakistan
he has lived with the Kalash, a pre-Islamic mountain people in the
borderland to Afghanistan; and in northern Swat he has witnessed the
transformation of an old tradition of woodcarving under the influence of
the Mussulmans. In Nepal he has painted the rich artistic heritage of the
Newars inside and outside the Kathmandu Valley. In the more remote areas
of the Dhaulagiri and the Annapurna Ranges he has depicted the material
culture of the Magar, a shamanistic mountain tribe; and the colourful
architecture in the ancient kingdom of Mustang. And in China he has
undertaken the task to catch the easternmost variation to the Great
Himalaya tradition as brought forward in the Sino-Tibetan marshes with
pen, pencil and brush.
This
exhibition at the Völkerkundemuseum is Robert Powell’s first
retrospective anywhere and his first major presentation on the European
continent. To emphasize this event, a voluminous catalogue with more than
two hundred pictures and eight expert articles on various aspects of his
work has been composed. It will be issued at the opening of the
exhibition. This publication, equally entitled Robert
Powell – Himalayan Drawings, will assemble contributions by some
renowned specialists in the fields of art and architecture, social
anthropology and ethnography, Tibetan, Islamic, Indian and Nepalese
studies, as well as general history of the Himalayan region. These various
essays examine Robert Powell and his oeuvre under different angles: as a
tireless draughtsman of vernacular architecture; as a meticulous
ethnographic illustrator; as an imaginary documentarist; and as a
visionary of the real.
Pressetext lang
Seit über 25 Jahren lebt und arbeitet der australische Künstler
Robert Powell in den Himalayaländern. Nach einem Studium der Architektur
in Sydney und einigen Bauaufträgen in Europa und dem Vorderen Orient als
junger Architekt zog es ihn Anfang der 70er Jahre nach Indien und von dort
in die Himalayaregion. Fasziniert von den traditionellen Bauwerken dieser
Gebiete und angeregt durch ein Buch, das in jener Zeit seine Runden
machte, Bernard Rudofskys Architecture
without Architects, machte er sich ab 1975 daran, indigene
Architekturen zu studieren und zeichnerisch zu dokumentieren.
Bedingt durch einen glücklichen Zeitumstand, die erstmalige Öffnung
von Ladakh, einer Enklave tibetischer Kultur auf indischem Boden (im
Hochland von Kashmir), gehörte Powell zu den ersten westlichen Besuchern
dieses seit über hundert Jahren verschlossenen Landstrichs. Mit
Aquarellen und Tuschzeichnungen legte Robert Powell sogleich eine
umfangreiche Dokumentation der vernakularen Architektur und der kahlen und
weitflächigen Landschaften an, in welchen die Bauwerke Ladakhs
eingebettet sind.
Ein Buch über seine gezeichneten Eindrücke von Ladakh war bereits bei
einem namhaften Haus in London in Druck, als unvorhergesehene finanzielle
Probleme den Verleger dazu zwangen, die Veröffentlichung zu vertagen. Das
Konvolut von Powells erster himalayischer Dokumentation verschwand auf
einem Dachboden und wurde erst ein Vierteljahrhundert später, im Sommer
2000 mit detektivischem Einsatz wiedergefunden. Die bemerkenswerten Blätter
dieser frühen Arbeiten werden im Völkerkundemuseum Zürich nun erstmals
öffentlich gezeigt.
Ähnlich verlief die Geschichte von Powells zweitem Ansatz,
himalayische Lokalkulturen zeichnerisch zu dokumentieren. Ende der 70er
Jahre, als er auf ein Aufenthaltsvisum für Indien wartete,
machte der Maler eine Exkursion in die nordwestlichen
Grenzprovinzen von Pakistan. Zuerst ging er zu den Kalash, einem alten
Bergvolk an der afghanischen Grenze, wo er freundlich in die
Dorfgemeinschaft aufgenommen wurde. Dort zog ihn insbesondere die
Lokalreligion an und ihr Reflex auf die Bauweise der einheimischen Heiligtümer,
auf die symbolische Ornamentik und die magische Malerei der Kalash-Bevölkerung.
Die wenigen in diesem Zusammenhang entstandenen Zeichnungen, die man als
ethnographische Illustrationen kennzeichnen möchte, sind ebenfalls in der
Zürcher Ausstellung zu sehen.
Von den Kalash im Distrikt Chitral begab Powell sich in ein
benachbartes Tal im Distrikt Swat, wo der Einfluss des Islam bereits
weiter fortgeschritten war und diese neue Fremdreligion die alten
Glaubensvorstellungen und ihre jeweiligen Materialisierungen mitzuformen
begonnen hatte. Als Mitarbeiter einer italienischen Forscherequipe vom
Istituto Italiano per il medio ed estremo Oriente (ISMEO) in Rom
machte Powell sich daran, die Architektur der aus Holz gebauten Moscheen
im nördlichen Swat zeichnerisch aufzunehmen und sie so wenigstens im Bild
der Nachwelt zu überliefern. Der Geist des Zementbaus hatte nämlich zu
dieser Zeit auch die abgelegeneren Gebiete Nordpakistans bereits erfasst.
Am Beispiel eines einzigen Gotteshauses, der sogenannten Moschee von
Gabral Jaba, das Powell in einer ganzen Serie von Zeichnungen festhielt,
konnte er die Vermischung aus alten Lokaltraditionen mit jüngeren
islamischen Vorstellungen augenfällig zum Ausdruck bringen. Doch auch
diese bildnerische Dokumentation verschwand im Dunkel der Archive, von
einigen wenigen Illustrationen in italienischen Fachzeitschriften
abgesehen. In der Zürcher Ausstellung, die mit Recht als Robert Powells
erste Retrospektive weltweit bezeichnet werden muss, sind Zeugnisse dieser
pakistanischen Erfahrungen des Künstlers zu besichtigen.
Zu Beginn der 80er Jahre änderten sich die Lebensumstände von Robert
Powell in gewissem Masse. War er in den Jahren zuvor ein fahrender Künstler
gewesen, der seine gesamte Ausrüstung in seinem bescheidenen Gepäck mitführte,
was ihn dazu gezwungen hatte, in kleinen und kleinsten Formaten zu
arbeiten, so konnte er mit seiner, ebenfalls nicht auf Dauer angelegten Übersiedlung
nach Kathmandu, der Hauptstadt Nepals, nun an einem festen Ort und bald
auch in einem eigenen Studio arbeiten. Dies erlaubte es ihm, in grösseren
Formaten zu denken und den Prozess der malerischen Umsetzung in
Vorzeichnung vor Ort und Endfassung unter Studiobedingungen besser
aufteilen zu können.
Kathmandu war zu der Zeit, als Powell kam, ein virulenter und
kosmopolitischer Ort, an dem sich die verschiedenartigsten Menschen,
Berufe und Interessen begegneten. Da Nepal bis Anfang der 50er Jahre ein
verschlossenes Land gewesen war, kamen nun die Forscher aus allen möglichen
Sparten des Wissens, um hier nach ihren Schätzen zu graben: Archäologen,
Historiker, Philologen (Sanskritisten, Tibetologen), Architekten,
Linguisten und Ethnologen. Zu diesen gesellten sich Wirtschaftshelfer,
Diplomaten, Kunsthändler, Abenteurer, Bergsteiger, Hippies und um religiöse
Erleuchtung Suchende. Auf dem engen Raum des Kathmandu-Tales trafen all
diese unterschiedlichen Menschen und Interessen aufeinander und schufen
ein Klima, in dem alles möglich schien. Robert Powell machte in dieser
Zeit unter anderen die Bekanntschaft von Restauratoren, Ethnologen und
Archäologen, die ihn in ihre jeweiligen Problemkreise und Projekte einführten.
So kam es, dass er nicht nur die einzigartige künstlerische Tradition des
Kathmandu-Tales und der dort seit Jahrhunderten vorherrschenden
Newar-Kultur kennenlernte und mit seinen Mitteln ins Bild setzte, sondern
sich auch mit Lokalkulturen ausserhalb, in den Bergregionen des Westens
und Nordens zeichnerisch auseinandersetzte.
Als Auftragsarbeit des Ethnologen Michael Oppitz, den Powell bei seiner
Ankunft in Nepal kennengelernt hatte, fertigte er eine Serie von
Zeichnungen zur materialisierten Kultur der Magar, einer schamanistischen
Gesellschaft in der Nähe des Dhaulagiri Massifs an. In Zusammenarbeit mit
einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierten Team
arbeitete Powell anschliessend als Zeichner im alten Königreich Mustang,
nördlich der Annapurna Kette. In dieser faszinierenden Lanschaft mit
ihrer atemberaubenden Architektur wurde Powell zu neuen, riesigen Formaten
und zu neuen Techniken der Aquarellmalerei angeregt, zu Bildern, die
neuerdings ein weltweites Interesse an seiner Malerei ausgelöst haben.
Eine vorzügliche Auswahl der farbenfreudigen Mustangbilder ist ebenfalls
in der Zürcher Rückschau versammelt.
Als bislang letzte Station seines tour
d’horizon des Himalaya sind die Bilder aus dem sino-tibetischen
Grenzland im Norden von Yunnan (China) zu verstehen, die Powell seit etwa
einem Jahr zu malen begonnen hat.
In der grossen Zürcher Ausstellung Zeichnungen
aus dem Himalaya spannt sich so ein Bogen, der Arbeiten nicht nur
eines Vierteljahrhunderts umfasst, sondern auch in geographischer Hinsicht
dieses grösste Bergmassiv der Erde von Westen bis Osten gänzlich
umspannt. Zugleich gibt die Rückschau von nahezu 150 Bildern einen
Eindruck von der phantastischen kulturellen Vielfalt der lokalen
Traditionen im Himalaya.
Angesichts neu entstandener Medien und Darstellungsmöglichkeiten
stellt die Ausstellung im Völkerkundemuseum Zürich mit dem Werk Powells
die Frage nach der heutigen Funktion der ethnographischen Zeichnung im
besonderen und nach der dokumentarischen Illustration im allgemeinen.
Ist die Zeichnung ein Darstellungsmittel, das sich überholt hat, oder
bietet sie weiterhin Möglichkeiten an, die keinem anderen Medium eignen?
Wo steht die dokumentarische Zeichnung zwischen Kunst und Wissenschaft? Wo
findet sie ihren Platz im Strom der Gegenwartskunst? Wie verträgt sie
sich mit der Photographie, die vor mehr als 100 Jahren im Bereich der
ethnographischen Dokumentation ihren unaufhaltsamen Siegeszug angetreten
hatte? Bedarf die dokumentarische Zeichnung neben der Verpflichtung, Ähnlichkeit
zum Abgebildeten zu produzieren, auch des Verismus? Kann sie die Realitätswiedergabe
überschreiten und in dieser Transzendenz verborgene Ebenen einer
Wirklichkeit erfassen? Wo treffen sich Realismus und Imagination im
zeichnerischen Werk?
Fragen wie diese sind allesamt im Oevre von Robert Powell angelegt.
Ihnen gehen im einzelnen auch die verschiedenen Beiträge des
Ausstellungskataloges nach, die von Fachleuten unterschiedlicher
Disziplinen verfasst wurden, von Experten der Architekturgeschichte, der
asiatischen Kunstgeschichte, der islamischen, indologischen,
buddhistischen, tibetologischen und sinologischen Studien und von
Ethnologen und Sozialanthropologen. Jeder dieser Beiträge beleuchtet das
Werk von Robert Powell aus einer anderen Perspektive und belegt damit
seine Vielschichtigkeit. Powell ist ein Maler himalayischer Orte und ihrer
in der Objektwelt festgehaltenen Lokalkulturen. Zugleich ist er ein Maler,
der mit seiner zeichnerischen Könnerschaft die Ortsbestimmung gegenwärtiger
Kunst aufs Neue herausfordert.
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Der
Drongo Vogel
Ohrschmuck, Nasenring und Frauenhalsketten der Magar, Nepal
Schrein in Konti Bahi, Patan, Nepal
Manimauer mit Hörnern in Gemi, Mustang, Nepal
Mönchsquartiere Tsarang Gompa, Mustang, Nepal
Die Mauer der Beschützer, Lo Monthang, Nepal
Haus in Tsuk, Mustang, Nepal
Mönchsunterkunft in Spituk, Ladakh, Indien
Robert Powell
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