Rosebud-Sioux
Lebensbilder einer Reservation
1. Stock
8. Mai bis 1. Dezember 2002
Presseinformation zur Ausstellung:
Dienstag, 7. Mai 2002, 16 Uhr. Wir bitten Sie um Anmeldung an Grazia
Cantele, Völkerkundemuseum der Universität Zürich.
Vernissage: Dienstag, 7. Mai 2002, 18.30 Uhr.
Völkerkundemuseum der Universität Zürich
Pelikanstr. 40, 8001 Zürich
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 10 - 13 und 14 - 17 Uhr
Samstag: 14 - 17 Uhr
Sonntag: 11 - 17 Uhr
Eintritt frei
Pressetext kurz
Eindrucksvoll dokumentiert die Ausstellung den
kulturellen Wandel und die Präsenz der Lakota-Sioux auf der
Rosebud-Reservation in South Dakota. Eine ungewöhnliche Geschichte führte
zur Entstehung dieser Ausstellung: das Aufspüren eindrucksvoller
Indianer-Fotographien und die Identifikation von dargestellten Personen
war der Auslöser für die Begegnung des schwedischen Fotographen Claes-Håkan
Jacobson mit Rosebud-Sioux in den 1970er Jahren. Ein Jahrhundert vorher
hatte auf eben dieser Reservation ein anderer Schwede, John Anderson, als
Händler gelebt und nebenbei das Alltagsleben fotographisch dokumentiert.
Zu seinen bekanntesten und vielfach reproduzierten Fotos gehören
Portraits von Lakota-Anführern, deren Namen in die Geschichtsbücher
eingegangen sind. Um höchste Qualität zu zeigen, wurden für die
Ausstellung Abzüge von John Andersons Original-Glasplatten verwendet.
Das Verdienst von Claes-Håkan Jacobson ist es, neben
Portraits von bekannten Persönlichkeiten auch Fotos aus der Produktion
Andersons auszuwählen, die Einblick geben in den indianischen
Lebensalltag zwischen 1890 und 1920. Sie dokumentieren so die frühe Reservationszeit
der Sioux. Durch die Verbindung der historisch wertvollen Fotodokumente
mit seinen zeitgenössischen Aufnahmen wird die historische Dimension von
Veränderung und Kontinuität des kulturellen Lebens der Lakota sichtbar.
Die Fotographien werden zusammen mit Exponaten
ausgestellt, um sie als sichtbare Dokumente ihrer Zeit zu ergänzen. Die
historischen Aufnahmen von John Anderson lassen sich in einen direkten
Zusammenhang stellen mit kulturellen Gegenständen, die zwischen 1890 und
1910 von den Lakota gesammelt wurden. In der Sammlung des Linden-Museums
Stuttgart befindet sich beispielsweise ein Pfeifenbeutel des angesehenen
Anführers Hollow Horn Bear, der von John Anderson porträtiert wurde. Die
von Claes-Håkan Jacobson in den letzten Jahren mit Bedacht gesammelten
Exponate belegen deutlich das Weiterleben kultureller Traditionen im
zeitgenössischen Kunsthandwerk. Die Lebenssituation der Sioux auf der
Rosebud-Reservation ist repräsentativ für viele indianische
Gesellschaften, insbesondere der früheren Bisonjäger-Kulturen.
Die Ausstellung wurde von Claes-Håkan Jacobson und Eva Anderson,
Stockholm, konzipiert. Die deutsche Version entwickelte Dr. Sonja
Schierle, Linden-Museum Stuttgart, in Zusammenarbeit mit Dr. Peter R.
Gerber, Völkerkundemuseum der Universität Zürich.
Pressetext lang
Die Ausstellung zeigt
die berühmten Fotografien von John Anderson, die gegen Ende des 19.
Jahrhunderts auf der Rosebud-Reservation, South Dakota, entstanden. Ihnen
sind Objekte gegenübergestellt, die die Lebendigkeit des traditionellen
Kunsthandwerks der Lakota belegen. Der Vergleich ermöglicht Einblicke in
die dramatischen Veränderungen im Leben der Lakota.
John Anderson
(1869-1948) verbrachte über 45 Jahre seines Lebens auf der
Rosebud-Reservation. Er gehört zu den wenigen Fotografen seiner Zeit, die
in der Lage waren, anhaltende, ehrliche und natürliche Beziehungen zu den
Sicangu-Lakota zu pflegen – und dies in einer Zeit verstärkter
Spannungen und Konflikte. Die Sicangu (oder Brulé) sind eine Lokalgruppe
der Teton-Lakota, auch bekannt unter dem Begriff „Sioux-Indianer“
Der Autor der
Ausstellung Claes-Håkan Jacobson (geb. 1944) konzentrierte seine fotohistorische
Forschung seit den frühen 1980-er Jahren auf den
schwedisch-amerikanischen Pionier-Fotografen John Anderson. Mit seinem
Interesse an der heutigen Geschichte der Lakota, die auf der
Rosebud-Reservation leben, lernte er im Laufe seiner Feldforschungen vor
Ort viele Nachfahren von Personen kennen, die John Anderson zu seiner Zeit
fotografiert hatte. Claes-Håkan Jacobson stellt deshalb fest:
Die Geschichte der
Lakota auf Rosebud endete keineswegs mit dem Errichten der Reservation
oder mit dem Wegzug von John Anderson aus der Reservation im Jahr 1930 –
die Lakota leben noch immer, und es gibt eine Zukunft für sie und ihre
Kultur!
Auf der Basis seiner
Forschungen entstand die Ausstellung „Rosebud Sioux – a Lakota people
in transition“, die er zusammen mit seiner Partnerin Eva Anderson, einer
anerkannten Sachverständigen für Kunst und Handwerk, konzipierte. Die
Ausstellung, die bereits in Museen in Schweden, Dänemark und Finnland zu
sehen war, wurde von ihnen für die Präsentation in Deutschland und der
Schweiz überarbeitet und durch neue Forschungsergebnisse zur Geschichte
und Kultur der Rosebud-Sioux ergänzt.
Die deutsche Version
der Ausstellung, die durch Exponate des Linden-Museums Stuttgart erweitert
wurde,entwickelte Dr. Sonja Schierle, Kuratorin der Nordamerikasammlung im
Linden-Museum, in Zusammenarbeit mit Dr. Peter R. Gerber, Kurator der
Amerikasammlungen im Völkerkundemuseum der Universität Zürich.
Die
Anderson-Fotografien wurden direkt von den Original-Glasplatten
reproduziert. Die modernen Aufnahmen, die zwischen 1985 und 2001
entstanden, stammen von:
Bob Gough, USA
Eric Haase, USA
Claes-Håkan Jacobson,
Schweden
Tony Sandin, Schweden
John Anderson: ein
schwedischer Fotograf unter den Rosebud-Sioux
Vor etwas mehr als
hundert Jahren lebte und arbeitete der in die USA eingewanderte Schwede
John Anderson als Fotograf und Händler auf der Rosebud-Reservation. Seine
Anwesenheit fiel in die Zeit des Übergangs, als sich das unabhängige und
eigenbestimmte Leben der Sioux in eine eingegrenzte und reglementierte
Existenz auf der Reservation veränderte. Anderson benutzte seine Kamera,
um diesen Wandel zu dokumentieren.
Wer war dieser
Schwede? Seine Lebensgeschichte könnte Stoff für einen Abenteuerroman
liefern: Er wurde am 25. März 1869 im Südwesten Schwedens geboren und
wanderte als kleines Kind mit seinen Eltern und Geschwistern in die USA
aus. Nach einigen Pionierjahren in Pennsylvania ging die Familie nach
Nebraska und erwarb dort ein Grundstück nahe der Grenze zu South Dakota
und der Rosebud-Reservation. In den frühen 1880-er Jahren traf John
Anderson zum ersten Mal Angehörige der Lakota. Sein Interesse an
Fotografie ging auf die Bekanntschaft mit einem Armee-Fotografen zurück.
So stammen seine ersten Fotos vom Fort Niobrara, einem Armeeposten im
Norden Nebraskas.
Der Durchbruch als
Berufsfotograf gelang ihm im Frühjahr 1889, als General Crook ihm anbot,
als offizieller Fotograf die Ratsversammlungen mit den Sioux auf der
Rosebud-Reservation zu dokumentieren. Durch diese Begegnungen entwickelte
sich eine lebenslange Freundschaft von John Anderson mit den
Rosebud-Sioux.
Bald danach zog er auf
die Reservation und arbeitete als Händler in der kleinen Gemeinde
Rosebud. In den folgenden Jahren war er vor allem als Porträt-Fotograf in
seinem eigenen Studio tätig. Zugleich machte er aber auch Aufnahmen im
Freien und hielt dortige Aktivitäten fest. 1896 veröffentlichte er eine
Auswahl seiner Fotografien in dem Buch „Among the Sioux“ (Unter den
Sioux).
Das fotografische
Erbe von John Anderson
John Anderson war sich
sehr wohl der Tatsache bewusst, dass die traditionelle Lakota-Kultur im
Niedergang begriffen war. Daher fotografierte er Alltagsaktivitäten, etwa
Zeremonien, die Ausgabe von Fleischrationen und Porträts von
Stammesmitgliedern.
Seine Studio-Porträts
von Hollow Horn Bear, High Horse, Fool Bull und He Dog zeigen u.a.
herausragende und einzigartige Bilder von Persönlichkeiten, die in früheren
Jahren alles daran setzten, die Unabhängigkeit ihrer Stammesverbände zu
sichern. In seinem Studio posierten sie in traditioneller Kleidung mit
kulturellen Symbolen der Plains-Indianer.
Die meisten der
vorhandenen Fotografien wurden zwischen 1895 und 1905 mit einer
Primo-Kamera der Rochester Optical Company, einer Vorläuferin von Kodak,
aufgenommen. Zu seiner Ausrüstung gehörten zudem eine stereoskopische
und später eine Graflex-Kamera.
1928 brannte sein
Studio nieder, nur ein Teil seiner Fotosammlung konnte gerettet werden. Es
ist nicht bekannt, wie viele der Glasplatten verloren gingen. Die
Bildwerke, die überlebt haben, sind heute einzigartige Dokumente einer
wichtigen Übergangszeit in der Geschichte der Rosebud-Sioux.
Nachdem er fast
vierzig Jahre seines Lebens in Rosebud verbracht hatte, beschlossen er und
seine Frau Myrtle, ihren Ruhestand in Rapid City zu verbringen. Dort eröffnete
John Anderson ein kleines Museum, wo er seine Sammlung indianischer
Gegenstände aus Rosebud ausstellte. Im Jahr 1938 verkaufte er diese
Sammlung dem Amt für Indianische Angelegenheiten. Seine
Original-Glasplatten befinden sich heute in der Nebraska State Historical
Society in Lincoln. Das Ehepaar zog daraufhin nach Kalifornien, wo John
Anderson 1948 starb.
Rosebud-Sioux
Lebensbilder einer Reservation
Idee und
Grundkonzeption:
Claes-Håkan Jacobson, Eva Anderson, Stockholm
Thementexte:
Claes-Håkan Jacobson, Stockholm
Textübersetzung,
Foto- und Objektlegenden:
Sonja Schierle, Jutta Steffen-Schrade
Linden-Museum Stuttgart
Objektleihgaben:
Claes-Håkan Jacobson, Stockholm
Linden-Museum, Stuttgart
Organisation und
Konzeption der
Ausstellung in Zürich:
Peter R. Gerber
Text-Überarbeitung
und Redaktion:
Peter R. Gerber
Elisabeth Biasio
Text-Gestaltung:
Andreas Brodbeck, Ausstellungsdienst der Universitätsmuseen
Peter R. Gerber
Gestaltung und Aufbau:
Ausstellungsdienst der Universitätsmuseen:
Andreas Brodbeck
Martin Kämpf
Frank Lenz
Kathrin Kocher
Ina Gesine von Woyski Niedermann
Urs Wohlgemuth
Weitere Mitarbeit:
Grazia Cantele
Kymo Ghung
Tina Grässli
Gitta Hassler
Andreas Isler
Kathrin Leuenberger
Lisa Rössler
Gertrude Sigg
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Folgende Pressebilder als 13x18 Abzüge erhalten Sie vom Völkerkundemuseum
auf Anfrage:
He Dog (1836 –
1927)
Sunka Bloka
He Dog, der in jungen
Jahren Erfahrungen als Krieger und Scout der US-Armee gesammelt hatte,
genoss als Mitglied der Indianerpolizei und Anführer einer eigenen
Lokalgruppe hohes Ansehen.
Foto: John Anderson, ca. 1900.
Bryant High Horse Jr.
(geboren 1949)
Auf der Pine Ridge Reservation geboren, kämpfte der Urenkel von High
Horse für die USA in Vietnam. Er hat indianische Kultur, Geschichte
und Psychologie studiert und steht heute indianischen Schulkindern als
Berater zur Seite.
Foto: Tony Sandin, 2001.
Fool Bull (1844 –
1909)
Der Stammvater der Familie Fool
Bull war ein Medizinmann, der an der legendären Schlacht am Little
Bighorn teilgenommen hatte. An diese erinnert der aus Bisonleder gefertigte
und mit einem Gesicht und Federn verzierte Schild, der Schutz vor drohenden
Gefahren versprach.
Foto: John Anderson, ca. 1900.
Kate Blue Thunder
(1890 – 1991)
In festlicher Kleidung ist Katje,
die Tochter des franko-kanadischen und von Lakota abstammenden Übersetzers Louis
Roubideaux und von Adelia
Blunt Arrow, im Alter von acht Jahren zu sehen. Eine ähnliche Puppe
wie diejenige, die sie in den Armen hält, ist in der Ausstellung zu sehen.
Foto: John Anderson, ca. 1898.
Goes to War (1847 –
1927)
Zuya Hiyaye
Er war ein jüngerer Bruder von Hollow
Horn Bear und in früheren Jahren ein Mitglied der Indianerpolizei
auf Rosebud. Während der Weltausstellung in Chicago 1897 befand der
Fotograf F. A. Rinehart, dass
Goes to War "ein Krieger und Gentleman mit besonders guten
Manieren" sei.
Foto: John Anderson, ca. 1900.
High Horse (1849 –
1931)
Tasunke Wankatuya
Der Stammvater der High Horse
Familie war mit Red Tail verheiratet. Den Weissen freundlich gesinnt,
arbeitete er bei der Indianerpolizei.
Foto: John Anderson, ca. 1900.
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