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Ilan Wolff: Leben in der Wüste

– Impressionen mit der Camera obscura

 17. März bis 11. Juli 1999

Der Fotograf Ilan Wolff ist 1955 im israelischen Nahariyya geboren. Während seiner Ausbildung am Neri Bloomfield College of Design in Haifa kam er in Kontakt mit der Camera obscura. Seither ist er ihr treu geblieben, hat mit ihr experimentiert und international Anerkennung gefunden. Auch in der Schweiz ist Ilan Wolff kein Unbekannter. Ein Querschnitt durch sein Schaffen war 1995 in Nyon und Aarau zu sehen, und 1996 zeigte das Photoforum Feldegg in Zürich neben anderen Werken seine «Zürchervisionen».

Die im Negev aufgenommene Serie «Leben in der Wüste» war, mit Ausnahme einzelner Bilder, noch nie ausgestellt. Sie entstand im Winter 1990/91 im Auftrag und mit Unterstützung des französischen Ministeriums für Kultur und Kommunikation. Da Ilan Wolff in den 1970er Jahren seinen Militärdienst im Sinai absolvierte, waren ihm die Beduinen und ihre Lebensweise vertraut. Sie repräsentieren für ihn die Juden, die in biblischen Zeiten die Wüste auf der Suche nach dem Heiligen Land durchquerten.

Im Negev arbeitete Wolff eng mit dem aus der Azazmih-Konföderation stammenden Beduinen Abdallah zusammen, der in der Nähe von Mizpe Ramon wohnte. Bei dessen Familie und Verwandten entstanden die Bilder vom Leben in den Zelten. Um die Beduinen nicht zu irritieren, verzichtete Wolff auf ein Stativ und stellte die Kamera direkt auf den Boden. Dieser spezielle Blickwinkel lässt z.B. ein Kamel hoch in den Himmel ragen.

Ilan Wolff betrachtet seine archaische Kamera als ideal, um das einfache Leben der Beduinen und ihren bedächtigen Lebensrhythmus einzufangen. Eine moderne Kamera lässt einen winzigen Moment einfrieren. Die Camera obscura mit ihrer langen Belichtungszeit hingegen – in der Wüste waren es zwei Minuten – lässt Prozesse sichtbar werden. Die schemenhaften Abbildungen von Menschen und Tieren verraten, wie sie sich bewegt haben; für Ilan Wolff verkörpern sie ihren Geist.

 

Bilder aus der Dose

 

Die Camera obscura (= dunkle Kammer) war bereits in der Antike bekannt und wurde insbesondere von den Künstlern der Renaissance als Zeichenhilfe benutzt. Ihr Prinzip ist denkbar einfach: Ein lichtdichter, geschwärzter Kasten wird vorne mit einem Loch und mit einer transparenten Rückwand versehen. Ein Objekt, das sich vor dem Loch befindet, wird auf die Rückwand projiziert, allerdings seitenverkehrt und auf dem Kopf stehend. Mit der Verwendung lichtempfindlichen Aufnahmematerials entstand die Vorläuferin der modernen Kamera.

Vorerst experimentierte Ilan Wolff mit eckigen Kästen, bis er die Möglichkeiten zylindrischer Körper entdeckte. Die Wölbung der Dose und des darin befestigten Fotopapiers erweitert den Bildwinkel, und das fertige Bild ähnelt einer Aufnahme mit dem Fischaugenobjektiv. Daher rühren die starken perspektivischen Verzeichnungen und Verzerrungen. Da die Lichtstärke zu den Rändern hin abfällt, entsteht der für die Bilder typische Tunneleffekt.

Die «Objektivöffnung» besteht aus einem kreisrunden Loch von etwa 0,5 mm Durchmesser, und als Verschluss dient ein schwarzer Klebstreifen. Je nach Lichtverhältnissen belichtet Wolff zwischen zwei Minuten (helles Sonnenlicht) und zwei Stunden (Kunstlicht). Daher werden bewegte Objekte wie Menschen und Tiere verwischt abgebildet; statische hingegen gestochen scharf. Voraussetzung ist, dass das Objekt mehr als 80 cm vom Loch entfernt ist. Dann gibt es, ähnlich wie bei Weitwinkelobjektiven, kein Problem mit der Schärfentiefe. Die Wahl von Belichtungszeit und Bildausschnitt hingegen ist den Erfahrungen und dem Geschick des Fotografen überlassen, denn die Camera obscura hat weder Belichtungsmesser noch Sucher.

Da mit einer Dose nur eine Aufnahme gemacht werden kann, ist Ilan Wolff mit so vielen Kameras unterwegs, wie er tragen kann. Sind die Aufnahmen gemacht, bringt er die Dosen in seinen als Dunkelkammer eingerichteten VW-Bus zurück und wechselt das Papier aus. Das belichtete Papier entwickelt er später in seinem professionell eingerichteten Labor. Von diesem Negativ stellt er dann eine Kontaktkopie, den fertigen Abzug, her.

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Last update: 29.11.2002
aisler@vmz.unizh.ch