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Florence Weiss wurde 1945 in Basel geboren. Sie wuchs in einem linken und kunstinteressierten Milieu auf. Ihr Vater war ein leidenschaftlicher Freizeitfotograf, und als sie etwas älter war, half sie ihm beim Entwickeln seiner Abzüge in der Dunkelkammer. „Wie auf dem belichteten Papier nach und nach das Bild erschien, hat für mich bis heute etwas Magisches behalten“ – erzählte Florence Weiss in einem Gespräch im März 2015.
Mit 17 Jahren erhielt sie Geld von ihrer Grossmutter und kaufte sich davon eine Leica. Dennoch entschied sie sich gegen einen künstlerischen Beruf und nahm 1967 das Studium der Ethnologie, Politischen Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Basel auf.
In den Veranstaltungen der Ethnologie lernte sie ihren künftigen Lebenspartner Milan Stanek kennen, mit dem sie 1972–1974 die Forschung im Dorf Palimbei am Sepik-Fluss im Nordosten Papua-Neuguineas durchführte. Es war Florence Weiss' erste Feldforschung. Neben fünf anderen Studierenden nahm sie an einer Expedition von Professor Meinhard Schuster an den mittleren Sepik teil. Milan Stanek untersuchte die lokale Sprache und Mythologie, Florence Weiss setzte sich mit der Wirtschaftsweise und der Stellung der Kinder auseinander.
Aus dem Forschungsaufenthalt gingen mehr als 10'000 Negative und Diapositive hervor. 1981 erschien ihre Disseration „Kinder schildern ihren Alltag“.
In den Folgejahren führte sie mehrere Forschungen mit den Iatmul durch, unter anderem 1979/80 eine ethnopsychoanalytische Untersuchung zusammen mit Fritz Morgenthaler, dessen Sohn Marco Morgenthaler und Milan Stanek.
1982 nahm sie eine Stelle als wissenschaftliche Assistentin am ethnologischen Seminar der Universität Basel an.
1988/89 unternahm sie zusammen mit Milan Stanek eine urbanethnologische Forschung in der Küstenstadt Rabaul in Papua-Neuguinea. Sie beide untersuchten die Lebensbedingungen der Iatmul-Migrantinnen, insbesondere die Frage nach deren neuer kulturellen Identität. Als Florence Weiss merkte, dass die Iatmul in Rabaul Fotoalben ihrer zum Teil weit weg lebenden Familienmitglieder hatten, begann Florence Weiss wieder zu fotografieren. Daraus entstand ein kleines Fotobuch, KORI. Ples Palimbei long Rabaul. Sie schenkte es den Iatmul-MigrantInnen in Rabaul als Zeichen ihrer Dankbarkeit.
Florence Weiss etablierte sich als renommierte Wissenschaftlerin in einer Ethnologie der Kindheit, der Ethnopsychoanalyse und Gender Studies. Sie veröffentlichte zahlreiche Bücher, unter anderem Gespräche am sterbenden Fluss (1986), Die dreisten Frauen: Eine Begegnung in Papua-Neuguinea (1996).
1992 nahm sie eine Stelle als Dozentin an der Universität Basel an und war in den Folgejahren an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland tätig.
Im Jahre 2007 wurde Florence Weiss pensioniert. Zusammen mit Milan Stanek unternahm sie verschiedene Reisen in Europa und begann, aus dem Konvolut an Fotografien von 1972–1974 eine Auswahl von 350 Fotografien zusammenzustellen. Diese Bilder wurden 2013 dem Völkerkundemuseum der Universität Zürich vorgelegt. Zusammen mit Michèle Dick begannen Milan Stanek und Florence Weiss mit der Konzipierung der Ausstellung „Kinder im Augenblick“. Im November 2014 starb Milan Stanek nach kurzer Krankheit.
Bildlegende: Reproduktion aus der Privatsammlung von Florence Weiss und Milan Stanek
Milan Stanek und Florence Weiss. Aufgenommen von Fritz Morgenthaler während eines Besuches im Dorf Palimbei (Dezember 1972–Januar 1973).