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Vertraut anmutenden Gestalten begegnet man seit kurzem auf der Website des Museums, auf Facebook, Twitter oder YouTube, bald auch im Eingangsbereich des neu eröffneten Völkerkundemuseums der Universität Zürich: Es sind Figuren aus Daumenkinos. Da wird etwa eine Schweizer Kuh gemolken. In Amazonien wird Maniok gepresst und für die Gärung gekaut. Geschickt wird in den Tropen eine Palme erklettert, um Palmsaft für den Palmwein zu zapfen. Im tibetischen Hochland sind Yakbutter, Salz und Tee in der Schale zu Buttertee vereint. Im Pazifik bietet jemand tänzerisch zeremoniell Kawa dar, das leicht berauschende Getränk aus einer Pfefferwurzel. Eine Rinderherde führt uns zu Melkern in Afrika, wo Sauermilch in Kalebassen verwahrt wird. Gackernde Hühner in Nordostindien sehen beim Brauen von Reisbier zu.
Etwas länger als ein Jahr war das Völkerkundemuseum der Universität Zürich wegen Umbaus geschlossen. Am 20. Juni 2014 wird es nun wieder eröffnet. Dafür hatten sich alle Mitarbeitenden, Studierende und Gastwissenschaftler gemeinsam etwas vorgenommen: Sie durchforsteten für die Ausstellung „Trinkkultur – Kultgetränk“ die Sammlung des Völkerkundemuseums zum Thema „Trinkkulturen“. Dabei stiessen sie auf Wissen über Kultgetränke.
Kultgetränke, das sind hierzulande Bier, Wein, Kaffee oder Tee, aber auch Milch. Die Trinkkultur unserer Kultgetränke hat jeder von uns ganz selbstverständlich verinnerlicht. Wir kennen und erkennen die Gelegenheiten, zu denen man sie trinkt, wie und mit wem man sie trinkt. Doch in der Regel stellen wir heutzutage weder die Getränke noch ihre Zutaten selbst her.
Menschen in fernen Regionen hingegen wissen, wie man Palmwein, Reisbier, Maniokbier, Buttertee, Grüntee, Kawa oder Sauermilch selbst herstellt, trinkt, geniesst. Welches Wissen, welche Könnerschaft braucht es eigentlich in den Trinkkulturen? Museumssammlungen sind ohne Zweifel Wissensspeicher. Welche Aspekte des Kultgetränke betreffenden Wissens sind in einem ethnologischen Museum bewahrt?
In der Ausstellung „Trinkkultur – Kultgetränk“ lässt sich auf unterhaltsame Weise erfahren, wie Menschen beim Trinken die gleichen Bedürfnisse stillen: Man kümmert sich um Zutaten und Mengen, um Haltbarkeit und Bereitstellung. Es geht darum, den Durst löschen, einen Anlass zum Feiern zu finden, sozial korrekt zu trinken, Trinkvorräte anzulegen, Freundschaften zu pflegen, Getränke zu teilen, Bande zu knüpfen, sich mit einer Einladung zu revanchieren und vielleicht eine Gottheit gütig zu stimmen. Dabei geht es auch darum, Wissen über die angemessene Herstellung, über die Getränke und Trinksitten an nächste Generationen weiterzugeben.
Im Bewusstsein solcher Ähnlichkeiten zu uns – jeder Mensch trinkt, aber alle trinken anders – lässt sich in der Ausstellung vieles bestaunen und manches entdecken. Dabei sind Menschen in allen Regionen der Welt heute längst in der Moderne angekommen. Wir finden alle vorgestellten Getränke bereits in moderner Form: als Instantpulver, in Flaschen, Tetra Paks oder Plastikkanistern, als Teebeutel oder Fertiggetränke. Auch dies zeigt die Ausstellung. Wer hätte allerdings gedacht, dass das Moderne nicht immer wirklich neu ist?
Wer am Ende der Ausstellung noch einen Blick auf die Daumenkinos wirft, sie mit der Hand abspielt oder am Bildschirm schaut, wird den Trinkkulturen dieser Welt ein Stück näher gekommen sein. Erst jetzt wird er manches amüsante Detail sehen. Man sieht eben nur das, was man kennt.