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Völkerkundemuseum

Amazonisches Maniokbier

Lebenselixier und mythisches Urgetränk

‹Allgegenwärtig, jederzeit verfügbar, in grossen Mengen genossen›– diesen ersten Eindruck macht das variantenreiche Hauptgetränk indigener Gesellschaften im Amazonasgebiet auf Reisende früher wie heute. Maniokbier wird aus den Knollen der Pflanze hergestellt. Gerne werden dazu die giftigen Sorten verwendet, was komplexe Fertigkeiten und Kenntnisse hinsichtlich des Anbaus, Wissen um Sortenvielfalt und deren Erhalt sowie Generationen übergreifende Erfahrung in der Entgiftung und Vergärung der Wurzel voraussetzt.

Bis heute fehlt das nahrhafte und eher schwach alkoholische Bier in Amazonien bei keiner Zusammenkunft, bei keinem Fest, bei keiner noch so alltäglichen gemeinschaftlichen Tätigkeit. Es wird auch als Lebensblut eines Haushaltes empfunden, das nie ausgeht.

Maniokbier dient der Erfrischung bei der gemeinsamen Gartenarbeit oder auf Jagdzügen, Gäste werden damit willkommen geheissen und bewirtet, und stärker vergorene Biersorten werden bei festlichen Anlässen in grossen Mengen und in Begleitung von Musik, Tanz und Gesang getrunken. Als ein ‹Urgetränk der Menschheit› ist Maniokbier auch verwoben in lokale Vorstellungen von Kosmos und Weltordnung. Es stärkt Körper, Geist und die Gemeinschaft der Menschen.

Bei Reisenden verursachte die Herstellungsweise einer Vielfalt an Maniokbieren – masato, asua, cachirí, paiwari, cauim und wie die Bezeichnungen alle lauten mögen – gemischte Gefühle: Die vorbereiteten Maniokwurzeln werden eingespeichelt, das heisst gekaut und wieder ausgespuckt. Die im Speichel enthaltenen Enzyme verwandeln ihre Stärke in Zucker, der dann für den Gärprozess zur Verfügung steht.

Was für Europäer unappetitlich anmutet, ist eine bewährte Technik der Fermentation, die heute zunehmend durch Zufügen erheblicher Mengen raffinierten Zuckers ersetzt wird. Diese ‹zivilisierte› Fermentationstechnik führt allerdings zu Karies und Diabetes, da Maniokbiere nach wie vor in grossen Mengen genossen werden.

Maniokbier1

 

Maniokbier2

 

Maniokbier3

 

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Maniokbier6

 

Maniokbier7

 

Fotos: Kathrin Leuenberger © Völkerkundemuseum der Universität Zürich

Weiterführende Informationen

ausstellungsbereiche

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Trinkschalen der Kichwa für Maniokbier, Ecuador (oben), und eine Frau der Aguaruna am Maniokbier einschenken, Nordperu (unten)