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Medienmitteilung und Pressematerialien

Zürich, 25. August 2025

Was phở und Lebkuchen verbindet

Zimt, Sternanis und Kardamom – dieser aromatische Dreiklang verleiht der vietnamesischen Nudelsuppe phở ihren charakteristischen Geschmack. Die neue Ausstellung «Symphởnie der Gewürze» im Völkerkundemuseum der Universität Zürich spürt den komplexen historischen und aktuellen Verflechtungen dieser Gewürze nach – vom lokalen Anbau bis zum globalen Absatz.

Die Geschichte des Zimtdöschens in unserem Küchenschrank reicht weit zurück: Gewürze galten als die ersten globalen Handelswaren und befeuerten die europäischen Kolonialbestrebungen. Heute sind sie erschwingliche Konsumgüter, die weltweit in Supermärkten zu finden sind. In der neuen Ausstellung «Symphởnie der Gewürze» des Völkerkundemuseums der Universität Zürich begeben sich Besucher:innen auf die Spuren von Sternanis, Zimt und Kardamom aus Nordvietnam. Sie lernen die zentralen Stationen des komplexen globalen Gewürzhandels in Vergangenheit und Gegenwart kennen.

Vom Hochland in die Weltmärkte

Zimt, Sternanis und Kardamom wachsen vor allem im gebirgigen Norden Vietnams, wo ethnische Minderheiten wie die Hmong, Nùng, Tày und Yao vom Anbau dieser Gewürze leben. Die vietnamesische Regierung fördert ihre Kultivierung gezielt, um die wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen voranzutreiben und Armut zu bekämpfen. Bei der Vermarktung wird zudem die ethnische Zugehörigkeit der Produzenten betont, um die Gewürze als authentische Regionalprodukte attraktiver zu machen. Die wichtigsten Abnehmer vietnamesischer Gewürze sind heute die USA und China, Europa holt jedoch zunehmend auf.

Die Ausstellung veranschaulicht anhand von Filmen und Objekten die lokale Landwirtschaft: Wie sehen Zimt, Sternanis und Kardamom aus? Welche Werkzeuge nutzen die Landwirt:innen? Welche Herausforderungen meistern sie? Auch die ökologischen Auswirkungen des Gewürzeanbaus werden thematisiert. So kann dieser zwar zur Wiederaufforstung beitragen – etwa indem Bäume für den Zimtanbau kultiviert werden, deren Rinde später das Gewürz liefert. Gleichzeitig führen die grossflächigen Monokulturen zu Bodenerosion und zum Verlust von Biodiversität.

Unbestrittenes Nationalgericht

In der vietnamesischen Küche spielen Gewürze eine entscheidende Rolle. Zimt, Sternanis und Kardamom sind bei der Zubereitung der traditionellen Nudelsuppe phở zentral: Erst werden die Gewürze angeröstet, um danach stundenlang mit Rinderknochen zu köcheln – so entfaltet sich das Aroma. Vor dem Servieren werden Reisnudeln und frische Kräuter beigefügt. Ein nachgebildeter phở-Imbissstand in der Ausstellung vermittelt einen Eindruck der Allgegenwart der Nudelsuppe, die zu jeder Tageszeit gegessen wird und als unbestrittenes Nationalgericht gilt.

In Europa fanden die importierten Gewürze ebenfalls Eingang in viele «traditionelle» Rezepte. Aus Weihnachtsgebäck wie Lebkuchen, Zimtsternen oder Brunsli sind sie nicht wegzudenken. Bei Glühweinrezepten spielen Zimt und Sternanis die Hauptrolle – wie bei der phở. Liköre erhalten ihre herbe Würze ebenfalls oft von Sternanis. Auch viele Kosmetika und Raumdüfte bedienen sich des Repertoires der «exotischen» Zutaten.

Riechen, Schmecken und Erinnern

Das Aroma einer phở oder der Geruch von Gebäck weckt bei den Menschen, die damit aufgewachsen sind, unwillkürlich Erinnerungen und Emotionen. Auch diese sinnliche Dimension greift die Ausstellung auf: In einem Film berichten Angehörige der vietnamesischen Diaspora in der Schweiz vom Stellenwert des Kochens und Essens in ihrem Alltag und davon, welche Gefühle die Düfte traditioneller Gerichte in ihnen auslösen. Auch Besucher:innen mit Schweizer Sozialisierung werden auf sinnliche Weise angesprochen – etwa durch die Riechproben der Duftstation.

Medizinisches Potential

Interessierte erfahren auch, dass viele Gewürze über gesundheitsfördernde Eigenschaften verfügen. Sie werden sowohl in der traditionellen vietnamesischen Medizin, đông y oder «östliche Medizin» genannt, als auch in der westlichen Schulmedizin verwendet. Zimt wird in der vietnamesischen Medizin zur Stabilisierung des Blutzuckers, Kardamom bei Magenentzündungen und Sternanisöl bei Erkältungen eingesetzt. Auch das Medikament Tamiflu, das in den 2000er Jahren bei der Schweine- und später der Vogelgrippe verabreicht wurde, enthielt Sternanis. Inzwischen beinhaltet das Grippemedikament einen synthetisierten Wirkstoff.

Kollaborative Forschung und studentische Beteiligung

Die Ausstellung beruht auf einer kollaborativen Langzeitforschung von Annuska Derks, Professorin für Ethnologie an der Universität Zürich und bis Ende Juli 2025 Direktorin ad interim des Völkerkundemuseums UZH, sowie Prof. Dr. Sarah Turner von der kanadischen McGill University. Beteiligt war zudem Prof. Derks Doktorandin Nguyễn Hà Phương und die vietnamesische Forscherin Ngô Thúy Hạnh. An der Realisierung der Ausstellung mitgearbeitet haben Studierende im Rahmen einer Lehrveranstaltung im Frühlingssemester 2025.

«Symphởnie der Gewürze – Aus Vietnam in die Welt»
Ausstellung im Völkerkundemuseum der Universität Zürich
Pelikanstr. 40, 8001 Zürich
29. August 2025 bis 13. September 2026
Di, Mi, Fr 10–17, Do 10–19, Sa 14–17, So 11–17 Uhr

Am Donnerstag, 28. August 2025, Eröffnung der Ausstellung am Völkerkundemuseum UZH
Um 18:00 Uhr Ansprachen von Alice Hertzog, Chu Thu Hằng, Annuska Derks, Nguyễn Hà Phương, Ngô Thúy Hạnh, Piriyanga Thillaiyampalam, Paola Arizzi und Livia J. Rohrer.


Download (PDF, 171 KB) Medienmitteilung  25.08.2025 «Symphởnie der Gewürze»

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ISEK Ethnologie UZH
Prof. Dr. Annuska Derks, Kuratorin
+41 44 6346197
annuska.derks@uzh.ch

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+41 44 634 44 67
mediarelations@kommunikation.uzh.ch

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Weiterführende Informationen

Medienbilder

Gewürzsäcke im Đồng Xuân Markt Ha Noi

Gewürzsäcke im Đồng Xuân Markt Ha Noi

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Zimt, Sternanis und Kardamom neben anderen Gewürzen aus Vietnam auf dem Đồng Xuân Markt in Hanoi.
Foto: Annuska Derks, 2018

Frauen beim Sortieren von Sternanis

Frauen beim Sortieren von Sternanis

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Lokale Händler:innen kaufen die Ernte der umliegenden Bauernfamilien auf. Die Früchte werden dann getrocknet, sortiert und für den Export vorbereitet.
Foto: Phuong Nguyen, 2025

Typische Strassenküche in Hanoi: Schüsseln mit heissem phở, dazu knusprige Teigstangen, Limetten, frische Kräuter und verschiedene Sossen. Gewürze wie Cassia-Zimt, Sternanis und schwarzer Kardamom prägen den einzigartigen Geschmack der Reisnudelsuppe, die heute als kulinarisches Symbol Vietnams gilt.
Foto: Ha Tekken, 2025

Waage mit Sternanis

Waage mit Sternanis

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Abgewogene Aromen: Eine klassische mechanische Waage mit Sternanis, wie sie auf Vietnams Märkten allgegenwärtig ist.
Foto: Kathrin Leuenberger, 2025

Kardamom im Korb mit Messer

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Schwarzer Kardamom im Korb: Die Kardamompflanze wächst im Halbschatten hoher Bäume in den feuchten Bergregionen im Norden Vietnams. Die Kapseln, die in Büscheln am Fuss der Pflanze wachsen, werden mit einem Messer abgeschnitten und anschliessend in geflochtenen Körben den Berg hinunter transportiert.
Foto: Kathrin Leuenberger, 2025

Zimt mit Werkzeugen

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Cassia-Zimtstangen mit Werkzeugen: Mit einem sichelförmigen Messer wird die Rinde der Zimtbäume ringförmig eingeritzt. Selbstgefertigte Stäbe helfen beim Lockern der Zimtrinde und geben das Mass für die Länge der einzelnen Zimtstangen vor. Das Messer dient zum Schneiden von kleinen Ästen und der Rinde. Bevor die Zimtstangen in der Sonne getrocknet werden, wird die äussere Rinde mit einem Schäler entfernt.
Foto: Kathrin Leuenberger, 2025

Frau mit Zimt-Werkzeugen

Frau mit Zimt-Werkzeugen

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Eine Bäuerin beim Schälen der Zimtrinde. Für die Ernte werden die Bäume gefällt, die Rinde mit einem sichelförmigen Messer eingeschnitten und anschliessend abgeschält. Der Anbau von Cassia-Zimt stellt für viele ethnische Minderheiten in Yên Bái, heute Teil der Provinz Lào Cai im Norden Vietnams, eine wichtige Einkommensquelle dar.
Foto: Phuong Nguyen, 2025

Mann im Sternanisbaum bei der Ernte

Mann im Sternanisbaum bei der Ernte

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Ein Bauer bei der Ernte von Sternanis. Die Früchte des immergrünen Sternanisbaums, der in der Provinz Lạng Sơn im Nordosten Vietnams heimisch ist, werden mit Haken von den Ästen gelöst und anschliessend in der Sonne getrocknet. Der Anbau und die Verarbeitung dieses Gewürzes sind für viele ethnische Minderheiten im Norden des Landes eine wichtige Einkommensquelle.
Foto: Phuong Nguyen, 2025