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Im Mai 2023 hat die Ethnologin Dr. Alice Hertzog die neu geschaffene Stelle für Provenienzforschung am Völkerkundemuseum der Universität Zürich angetreten. Provenienzforschung ist der Versuch, die Biografie eines Objekts vom Zeitpunkt seiner Herstellung bis zur Gegenwart zu ermitteln.
Im Zusammenhang mit kolonialen Sammlungen gewinnt die Provenienzforschung zunehmend an Bedeutung. Im Zuge der Dekolonisierung kultureller Einrichtungen und der Forderungen nach Rückgabe von Kulturgütern ist es für Museen heute unerlässlich, die Herkunft ihrer Sammlungen zu kennen und offenzulegen. Anhand von Provenienzforschung lässt sich feststellen, wie Objekte möglicherweise erworben wurden, sei es in gewaltsamen Zusammenhängen, im Kontext ungleicher Machtverhältnisse oder auch im Einvernehmen zwischen Gebenden und Empfangenden, und kann so zu wichtigen Debatten über die Zukunft der Sammlungen beitragen.
Oft wissen wir nur sehr wenig über die Biografien der Objekte in unseren Sammlungen in der Zeit, bevor sie nach Zürich gelangten. Wir kennen vielleicht den Namen des Händlers, der sie an das Museum verkauft hat, finden im Archiv eine kurze Erwähnung in einem Jahresbericht oder einen Brief des Kurators, der sie erworben hat. Die Provenienzforschung setzt diese Fragmente sorgfältig zusammen, um die Spur eines Objekts zu rekonstruieren. Wurde das Objekt geschenkt? Gekauft? Mitgenommen? Oder geplündert? Wer war daran beteiligt, und durch wessen Hände ging es, bevor es nach Zürich gelangte? Auch wenn einige Hinweise in den Archiven des Museums zu finden sind, ist dies nur ein Teil des Bildes.
Die Erforschung der Herkunft aussereuropäischer Sammlungen erfordert eine vergleichende Perspektive, die einen ethnografischen Ansatz verfolgt, um zu verstehen, wie die Zirkulation dieser Objekte von den betroffenen Gemeinschaften erlebt wurde. Dies ist ein gemeinschaftliches Unterfangen in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen, Expert:innen für kulturelles Erbe und Mitgliedern der betroffenen Gemeinschaften. Welche Bedeutung haben diese Sammlungen für verschiedene Gemeinschaften heute? Welches Potenzial haben sie? Und wie kann sich dies angesichts ihrer vergangenen Wege in der Zukunft entfalten?
Dr. Alice Hertzog hat bereits im Rahmen der Benin Initiative Schweiz Erfahrung in kollaborativer Provenienzforschung mit Partner:innen in Nigeria sammeln können. In ihrer neuen Position am Völkerkundemuseum der Universität Zürich freut sie sich auf Anfragen zur Provenienz der Sammlungen und darauf, Partnerschaften mit verschiedenen Gemeinschaften aufzubauen und zu stärken.
Völkerkundemuseum UZH